Heinrich Seuse (1295-1366) trat mit 13 Jahren in den Dominikanerorden ein. Er studierte in Konstanz, Straßburg und in Köln, wo er ein Schüler Meister Eckharts war, den er zeitlebens verehrte. Seine Weisheit, sein Mitgefühl und sein Einfühlungsvermögen machten ihn zu einem großen Seelsorger. Durch strengste Kasteiung um Gelassenheit und Selbstbeherrschung ringend, wurden ihm Visionen, Entrückungen und himmlische Einsichten zuteil, die in bedeutenden Schriften ("Büchlein der ewigen Wahrheiten" und das "Büchlein der Weisheit") niedergelegt sind. Wie tief Seuse die Bedeutung des göttlichen Herzens erfasste, zeigt er in den Worten, mit denen er sich in seinem Büchlein von der Ewigen Weisheit an diese wendet:
O Herr, du hast nicht allein den Tod für mich gelitten, du hast auch das Allerinnerste, das Allertiefste, das Verborgenste aller Liebe gesucht, in dem man Leiden erwählen kann oder mag. Du hast so recht getan, als ob du sprächest: „Schauet alle Herzen, ob je ein Herz so voll Liebe war! Sehet, wären alle mein Glieder das edelste Glied, das an mir ist, mein Herz nämlich: ich wollte es ganz verwunden und töten und aufreißen und in kleine Stücke zermalmen lassen, dass nichts in mir noch an mir bliebe, das ich nicht hingeopfert hätte, damit ihr meine Liebe erkennen möchtet.“
Ein anderes Mal lässt er die Ewige Weisheit sprechen: „Du sollst dich in meine aufgeschlossene Seite zu dem liebewunden Herzen in Liebe verschließen und darin zu wohnen und zu bleiben suchen. Dann will ich mich mit dir verbinden und dich ewiglich mit mir vereinigen.“
Bei der Vorbereitung auf die Heilige Kommunion verlangt er danach: Ach, süßer Herr, „dass ich aus meines Geliebten offenen Wunden, von seinem Herzen ein einziges Bluttröpflein empfangen dürfte!“ Die Ewige Weisheit antwortet: „Die Seele soll mir singen den Gesang von Zion, das ist ein inniges Lieben und endloses Loben; dann will ich sie umfangen und an mein Herz neigen.“
Eines Tages war ihm, wie wenn das göttliche („väterliche“) Herz in geistiger Weise, ich weiß nicht wie, ganz unmittelbar an sein Herz geneigt und dass sein Herz ganz zum göttlichen Herzen in innigem Verlangen erschlossen war, und es schien ihm, als ob das göttliche Herz, die Ewige Weisheit, voll Liebe und ohne Worte zu seinem Herzen spräche. Er erhob sich und sprach voll Jubel in geistlichem Frohlocken: „Wohlan, geliebtes Lieb, so löse ich nun mein Herz von allem und in der vollkommenen Loslösung von allem Geschaffenen umfange ich deine unsichtbare Gottheit“
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Ich bitte dich, mein Herr, dass du uns ganz verwundest mit den Schmerzen deines Herzens. Lass dein Herz als wahres Liebeszeichen deiner Güte so tief uns eingedrückt werden, wie du es ja dem liebenden Verlangen eines aufrichtigen Herzens gegeben hast
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